Thrill Me | Blind Audition

Man kann nicht genug oft wiederholen, wie wichtig es ist, Videokunst ins Kino zu bringen, auch wenn sie für den Ausstellungsraum konzipiert ist. Die Initiative von Bruno Z’Graggens «Video Window» im Stadtkino Basel (nach Vorführungen in der Kunsthalle/im Stattkino in Luzern und im Kunstraum Walcheturm in Zürich) zelebriert «The Power & Magic of Music in Video Art», wie der Untertitel der dreiteiligen Vorführungsreihe ankündigt, auch dank der Tonqualität, die die Blackbox erlaubt. Die Basler Künstlergemeinschaft ist stark vertreten, von ihr finden wir mit Vergnügen Filme wie The King (2004) von Max Philipp Schmid, Alice (2005) von Christoph Oertli oder Out of Sight (2020) von Dirk Koy. Aber die «cineastische» Erfahrung von Jannik Gigers Blind Audition ist sicherlich der positive Schock des Abends. Der Film ist wie ein Orchesterwerk konzipiert und komponiert, in dem die Überlagerung der Ebenen – Ton und Bild – immer wieder bestürzt und überrascht, ohne jemals zu ermüden, denn das Atmen ist das eigentliche Leitmotiv des Films. Das Atmen der Protagonistin, einer Sängerin-Schauspielerin, die sich mit Proben auseinandersetzt, die mehr globale als Generalproben sind – körperlich, choreografisch, stimmlich, musikalisch –, und das Atmen der Montage, eine virtuose Gratwanderung, in der die Aufmerksamkeit für das Gesamtbild es schafft, Raum für eine ganze Reihe von Mikrogeschichten zu lassen gemäss einer Strawinsky’schen Wertschätzung für Details und Einzigartigkeit. Ich habe diesen Film zwar im vergangenen Jahr schon in der Ausstellung Off Stage im Kunstraum Baden gesehen,  aber ich kann erst jetzt – dank der immersiven Erfahrung im Stadtkino – die ganze multimediale Komplexität und die synkopische Kraft dieses aussergewöhnlichen Werks erfassen.

Thrill Me – The Power & Magic of Music in Video Art | Curated session of art films | Stadtkino Basel | 24/11/2023
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Blind Audition | Jannik Giger | CH 2022 | 21’
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