Unscharfe Realitäten | Indistinct Realities
In Werken, die mit computergenerierten Bildern (CGI) oder KI-generierten Bildern geschaffen werden, scheinen Künstler:innen sehr oft bei einem «Schau, was die Maschine tun kann!» stehen zu bleiben, mit einem übertriebenen – im Grunde "technoskeptischen" – Fokus auf den unheimlich realistischen Aspekt des Künstlichen oder den unheimlich künstlichen Aspekt einer neuen Realität. Vielleicht aufgrund ihrer relativen Neuheit werden die Medien eher zu einem Ankunftsort als zu einem Ausgangspunkt für die Entwicklung eines eigenen Diskurses oder einer eigenen Ästhetik.
In der Regionale-Ausstellung Unscharfe Realitäten im Haus für elektronische Künste in Basel scheinen mir zwei Arbeiten sich deutlich von dieser Haltung zu emanzipieren: Jonas Beiles Untitled.BTS / And at first, I was embarassed und Ruth Baettigs Placet experiri, vielleicht auch weil sie beide jede Form von Realismus-Nostalgie – scharf oder unscharf – überwinden. In Baettigs immersiver und interaktiver Arbeit werden die technischen Schwierigkeiten der digitalen Animation zu einem kreativen Tool und einer Gelegenheit, ausschliesslich mit der traumhaften Vorstellungskraft zu spielen und eine (auch körperliche) Erfahrung zu schaffen, die sich von den Grenzen des verwendeten Mediums nährt. In Beiles Werk hingegen wird der Realismus durch eine fortschreitende kritische Reduktion eliminiert, in der durch eine Mise en Abyme von Ebenen der Fiktionalität jede Form von Authentizität – selbst die, die indirekt in der Ausstellung der Fiktionalität selbst gezeigt wird – infrage gestellt und als Produkt kapitalistischer Vorurteile aufgezeigt wird. Es handelt sich um zwei befreiende Kunstwerke, die den neuen Medien den Raum für eine nicht selbstreferenzielle Kreativität zurückgeben.
Unscharfe Realitäten – Indistinct Realities | Regionale 24 | Haus für elektronische Künste Basel | 25/11-31/12/2023
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Text: Giuseppe Di Salvatore