Edimotion Köln 2023
Hier werden sehr unterschiedliche Filme gezeigt, die aber etwas Gemeinsames haben. Es stehen Leute auf der Bühne, die sonst nicht im Vordergrund sind. Hier wird beim Abspann nur bei bestimmten Credits geklatscht...
Text: Morgane Frund
Freitag, 13.10. | 19:02 | Eingang des Filmforums Museum Ludwig | Eröffnung
Willkommen zu Edimotion in Köln, dem Festival für Filmschnitt und Montagekunst. Die Kurator:innen und eine Vorjury wählen fünf Dokumentarfilme, fünf Spielfilme und fünf Kurzfilme aus, bei denen die Montage besonders stark ist. Nach den Screenings gibt es ein Gespräch mit den Editor:innen. Am Ende des Festivals vergibt eine Jury einen Preis für den besten Schnitt in jeder Kategorie.
Freitag, 13.10. | 20:11 | Filmforum Museum Ludwig | Eröffnungsfilm Milchwald – Editorin: Gisela Zick
Wenn ich einen Film anschaue, bin ich immer sehr stark beeinflusst von den Personen, die mit mir im Saal sitzen. Im Filmforum im Museum Ludwig sitzen sehr viele Editor:innen. Es ist spannend, die Filme mit einem Fokus auf die Montage anzuschauen. Die Filme werden anders.
Samstag, 14.10. | 2:05 | Hotellobby | Mit Selin und Matthias
Wir haben Brot und Käse beim Kiosk gekauft. Es freut mich sehr, Selin wiederzusehen. Wann war das letzte Mal? In Berlin? Wir sind nicht mehr sicher. Selin Dettwiler hat unseren Film Ours geschnitten und ist für den Edit Space Förderpreis Schnitt nominiert.
Samstag, 14.10. | 13:20 | Filmhaus | Mit Selin und Matthias | ganz vorne im Kino
Im vielschichtigen Porträt Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen (Editorin: Mechthild Barth) wird Found Footage mit gedrehtem Material kombiniert und Literaturtexte mit verschiedenen Stimmen gelesen. Die vielseitige und lebendige Collage artikuliert sich in einer komplexen, aber klaren Vision. Die letzte Aussage im Film ist mir besonders im Kopf geblieben. Die Schriftstellerin sagt, dass sie ihre Arbeit nicht mehr erklären wolle, weil sie jedes Mal, wenn sie es machen müsse, schwächer werde.
Samstag, 14.10. | 14:54 | Sitzen im Café
«Klassische» Spielfilme sind nicht wirklich mein Bereich. Aber ich habe auch entdeckt, dass ich die Montage von einem Film sehr stark finden kann, auch wenn die Form des Films mich vielleicht nicht am meisten interessiert. So viele verschiedene Filme zusammen zu zeigen, macht auch die Kunst der Montage sichtbarer und spürbarer.
Samstag, 14.10. | 16:50 | Filmhauslobby
Die Gespräche mit den Editor:innen waren auch vielschichtig. Es wurde nicht nur darüber diskutiert, wie die Bilder produziert werden, sondern auch darüber, was die Bilder selbst produzieren. Das Material wird wieder ein Subjekt, das durch die Kunst der Editor:innen etwas aktiv macht. Hier geht es sehr konkret um den Film und darum, was er für eine Wirkung hat.
Den Schnitt zu diskutieren, erlaubt es aber auch, von Zusammenarbeit zu sprechen. Filme entstehen oft kollektiv, trotzdem wird der Umgang miteinander an den meisten Festivals nicht spezifisch diskutiert. Bei Edimotion erzählen die Editor:innen von ihren Interaktionen mit Drehbuchautor:innen, Komponist:innen, Schauspieler:innen, Regisseur:innen oder Co-Editor:innen. Ehrlich und manchmal humorvoll wird darüber gesprochen, und dadurch kann man sehr viel lernen.
Samstag, 14.10. | 17:32 | Filmhauslobby | In Gesprächsrunden sitzen und teilhaben
Der Themenschwerpunkt 2023 war sogar «Teilhabe». Teilhabe in der Haltung hinter der Veranstaltung, aber auch in der Form von Panels, die besonders interaktiv gedacht wurden: «Die Suche nach Teilhabe und danach, Teilhabe an unseren Veranstaltungen zu ermöglichen und Teilhabe inhaltlich als Aspekt des gesellschaftlichen Miteinanders genau wie des Filmemachens und -montierens zu diskutieren.» (Katalog von Edimotion). In diesem Rahmen wurde der Dialog im «Weltcafé»-Format umgesetzt. In Gesprächskreisen wurden drei Themen diskutiert: Die Übersetzung von Bildern in Audiodeskription (Moderation: Andrea Eberl), Queer Schnitt (Moderation: Marcel-Jana Urban) und Shifting Gaze: Adapting Folk Narrative for Sustainable Development (Moderation Dr. Ezinne Ezepue).
Sonntag, 15.10. | 19:15 | Filmforum Museum Ludwig | Blickwechsel
In diesem Rahmen gab es auch das Panel Blickwechsel – Vermeidung kolonialer Muster im Filmemachen und -montieren. Sowohl interaktiv als auch in der Analyse konkreter Montagebeispiele aus African Mirror (Editor: Mischa Hedinger) wurde erforscht, inwieweit koloniale Muster unser Denken der Montage prägen und wie wir mit ihnen möglichst reflektierend, konstruktiv und dekonstruierend umgehen können. Der Hauptteil des Panels fand in der Form eines Dialogs zwischen Sara Woldeslassie (Produzentin und Forscherin) und Philipp Diettrich (Autor, Dramaturg und Kameramann) statt.
Sonntag, 15.10. | 19:32 | Filmforum Museum Ludwig | Empfang und Film
Das Gastland bei Edimotion 2023 ist die Türkei mit dem Film Burning Days (Editoren: Eytan İpeker, Özcan Vardar), einer sozialen Kritik, erzählt durch surreale Elemente. Ein Krater erscheint in Yaniklar. Emre ist der neue Staatsanwalt und muss die Situation abklären. Aber er kann niemandem trauen, auch nicht seine eigenen Erinnerungen. Durch die starke Montage der Flashbacks wird das Ausmass der Manipulation monströs. Die Machtbeziehungen und die Korruption entwickeln sich wie ein Spinnennetz um die Hauptfigur herum, wobei sich auch die Zuschauer:innen nicht mehr orientieren können. Das Ende des Films bleibt so offen wie das Loch im Grund vom Yaniklar. Die Struktur des Films ist wie der Krater ein Kreis, trotzdem schlägt er im Herzen ganz stark.
Montag, 16.10. | 20:00 | Leinwand | Selin ist online dabei
Bei der Preisverleihung am Montag wurde der Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm an Meinen Hass bekommt ihr nicht (Editorin: Andrea Mertens) vergeben. Carina Mergens erhielt den Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm für Igor Levit – No Fear. Last but not least, ging der Edit Space Förderpreis Schnitt an Selin Dettwiler für Ours. Die Freude ist gross!
Die 23. Ausgabe von Edimotion, Festival für Filmschnitt und Montagekunst, war eine spannende und schöne Entdeckung. Filmexplorer freut sich schon auf nächstes Jahr!
Info
Edimotion – Festival für Filmschnitt und Montagekunst | Köln | 13-16/10/2023
First published: October 29, 2023