Callisto McNulty | Delphine et Carole - Insoumuses

Après avoir découvert le film aux Journées de Soleur 2020, Ruth Baettig et Giuseppe Di Salvatore ont pu rencontrer Callisto McNulty à Paris pour approfondir les enjeux de son film, entre archive et actualité, pour un regard féministe historique et contemporain à la fois, où maîtrise des média, amitié et créativité priment.

Text: Katja Zellweger | Audio/Video: Jorge Cadena

Geschichtsschreibung hat in unserer Kultur viel Gewicht. Texte, Taten und grosse Worte, egal ob literarisch, juristisch, medizinisch oder wissenschaftlich, stammen in erschreckender Überzahl von Männern. Das wird einem bewusst, wenn man feststellt, dass in fast siebzig Jahren nur neun Frauen den Büchner-Literaturpreis erhalten haben, noch nie eine Frau die USA regiert hat oder die eigenen Schweizer Grossmütter erst kurz vor dem Pensionsalter wählen konnten. Und es wurde einem bewusst an den Solothurner Filmtagen, im Film Delphine & Carole – Insoumuses. Der Dokumentarfilm von Callisto McNulty zeigt auf, dass die selbstbewusste, feministische Geschichtsschreibung im Nachzug zu den Suffragetten erst vor Kurzem begonnen hat. In den siebziger Jahren – des 20. Jahrhunderts!

Der Film über die Zusammenarbeit der französischen Schauspielerin Delphine Seyrig und der Regisseurin Carole Roussopoulos macht deutlich, wie diese Frauen gegen ein männliches Establishment anschrieben respektive anfilmten. Sie taten das mit Simone de Beauvoir im Rücken, mit viel Humor, Mut, Einfachheit, Innovation, Filmkameras und köstlichen Dauerwellen. Mehrheitlich anhand von originalem Filmmaterial und Fernsehaufzeichnungen beleuchtet McNulty das filmische Schaffen ihrer Grossmutter Roussopoulos und deren Weggefährtinnen, den «Insoumuses», den «ungehorsamen Musen». Sie waren die Video-Aktivistinnen der ersten Stunde, das Medium Film ihre Schreibmaschine. Und das von ihnen gegründete Archiv „Centre audiovisuel Simone de Beauvoir“ das erste feministische Geschichtsbuch. Als Insoumuses haben sie nicht akzeptable Bemerkungen der französischen Ministerin für Frauenrechte Françoise Giroud in einer Fernsehsendung demontiert, einen Prostituierten-Streik in Lyon aus nächster Nähe begleitet, das radikal-feministische S.C.U.M-Manifest von Valerie Solanas filmisch inszeniert, illegale Abtreibungen gefilmt, Gesprächsrunden über Sex dokumentiert und den wohl ersten #MeToo-Film überhaupt gedreht. In Sois belle et tais-toi! (etwa: Sei schön und halt die Klappe) erzählen Hollywoodgrössen wie Jane Fonda und eine extrem verschlossene Maria Schneider vom Alltag im völlig männlich geprägten Business, das Frauen als Schönheitsobjekte und Projektionsfläche männlicher Fantasien missbraucht und Feminismus im Keim erstickt.

  

Info

Delphine & Carole – Insoumuses | Film | Callisto McNulty | FR-CH 2019 | 90’ | FIFDH 2019, Solothurner Filmtage 2020

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First published: February 01, 2020