The Balcony Project | Expanded Cinema
Nach zwei partizipativen Expanded Cinema Veranstaltungen (siehe Bericht zum «Balcony Project» unten), diskutiert Jeannette Wolf auf der Piazza des Festivals mit Susanne Guggenberger, künstlerische Leiterin des Bildrausch Filmfests Basel, Esther Baur, Direktorin von Open House Basel, und Giuseppe Di Salvatore, Kurator des experimentellen Formats des «Balcony Project», über ihre Initiativen in Basel zwischen Kino und Architektur, Nachbarschaft und Balkonen sowie über den hybriden Raum zwischen Privatem und Öffentlichem. Eine Einladung zum kollektiven Nachdenken über Nähe, Architektur und das, was bleibt, nachdem der Abspann gelaufen ist.
Text: Giuseppe Di Salvatore | Audio/Video: Jeannette Wolf
Podcast
The Balcony Project | Expanded Cinema
Nach zwei partizipativen Expanded Cinema Veranstaltungen (siehe Bericht zum «Balcony Project» unten), diskutiert Jeannette Wolf auf der Piazza des Festivals mit Susanne Guggenberger, künstlerische Leiterin des Bildrausch Filmfests Basel, Esther Baur, Direktorin von Open House Basel, und Giuseppe Di Salvatore, Kurator des experimentellen Formats des «Balcony Project», über ihre Initiativen in Basel zwischen Kino und Architektur, Nachbarschaft und Balkonen sowie über den hybriden Raum zwischen Privatem und Öffentlichem | Production: Olivier Legras, Ruth Baettig
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Bericht über zwei Veranstaltungen mit experimentellem Format
Kino funktioniert dank des optischen Effekts von Nachbildern. Doch welche Effekte hat das «Nach dem Kino»? Wie funktioniert das «Nach dem Kino»? Wenn wir ein Kino verlassen, sind unsere privaten Gefühle und Gedanken vom Gesehenen durchdrungen – sie beeinflussen unsere Wahrnehmung der Umgebung: unser Zuhause, unsere Stadt, unsere Landschaft erscheinen durch die Linse der filmischen Imagination verändert. Das experimentelle Format, das wir mit dem «Balcony Project» erprobt haben, nimmt diesen Moment des «Nach dem Kino» ernst und macht unsere Gedanken und Emotionen in Veranstaltungen sichtbar, die sich auf kollektiven Austausch und Diskussion an einem spezifischen urbanen oder landschaftlichen Ort konzentrieren – ausgewählt in Bezug auf das Thema des Films. Die kuratorische Gestaltung der Veranstaltungen bringt filmische und architektonische Expertise in Dialog mit den Erfahrungen der Zuschauer:innen und der Bewohner:innen des jeweiligen Ortes. Das «Balcony Project» ist letztlich eine Form von partizipativem Expanded Cinema.
In Zusammenarbeit mit dem Bildrausch Filmfest Basel, dessen Thema 2025 «Hallo, neighbour!» heisst, wählten wir Pawel Lozinskis The Balcony Movie (2021) aus und diskutierten dessen Schaffung eines hybriden Raums zwischen Privatem und Öffentlichem an zwei konkreten Orten: dem LeNa-Haus im Westfeld Basel, ein soziales Wohnprojekt im Rahmen der Bewegung Neustart Schweiz, sowie der Altstadt von Liestal, wo das Fehlen von Balkonen uns die Gelegenheit bot, die Hybride zwischen Privat und Öffentlich durch weitere architektonische und städtebauliche Elemente zu interpretieren – wie Treppen, Galerien oder die Nähe von privaten und öffentlichen Bänken.
Die spezifischen Eigenschaften der beiden Orte wurden durchgehend durch die «Linse» der Kinoerfahrung betrachtet. So bot etwa die vertikale Perspektive in Lozinskis minimalistischem Film, der die Strasse von seinem Balkon im ersten Stock aus zeigt, Anlass zur Diskussion – und zur performativen Auseinandersetzung! – mit Machtverhältnissen im Film und in der physischen Organisation des Raumes vor Ort. Auch das Thema Voyeurismus bewegte sich zwischen Film und Lebenswelt. Die akustische Perspektive war ein weiteres spannendes Feld von Erfahrung und Austausch. Ein kritischer Aspekt zeigte sich in den potenziell ausschliessenden Folgen scheinbar inklusiver Haltungen – ebenso wie in architektonischen Bedingungen, die eine Durchlässigkeit zwischen Privatem und Öffentlichem fördern, im Gegensatz zur spontanen Initiative, die im Film die klare Trennung zwischen den beiden Sphären durchbricht. Eine ähnliche spontane Initiative in Liestal führte uns dazu, den privaten Raum einer Teilnehmerin zu betreten – und dort eine hybride, balkonähnliche Erfahrung zu machen. Porosität, Vertrauen und Ambiguität wurden so zu weiteren Themen, die durch die konkreten Erlebnisse der Teilnehmer:innen reflektiert werden konnten. Der Erfolg des Films sowie der beiden Veranstaltungen zeugt vom Wunsch und Bedürfnis nach gemeinschaftlichem Erleben und Teilen.
Die Reaktionen der Teilnehmer:innen auf dieses experimentelle Format waren überraschend positiv und engagiert – wofür wir uns bei allen herzlich bedanken möchten. Besonders danken wir (neben Stadtkino Basel und Kino Sputnik in Liestal, Jonny Maurice) Nicolas Laube, Susanna Szigeti und Peter Würmli im LeNa-Haus sowie Rea Köppel und Michael Durrer in Liestal für ihre Unterstützung des «Balcony Project».
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Go to Emilien Gür's review of Pawel Lozinski's The Balcony Movie
Info
The Balcony Movie | Film | Pawel Lozinski | PL 2021 | 100’ | Locarno Film Festival 2021, Semaine de la critique
Grand Prix Semaine de la critique at Locarno Film Festival 2021
First published: July 07, 2025