Heldin
[…] Es ist ein visuelles Wechselspiel zwischen Handgriffen, Körpersprache und Blickkontakten, ein fein abgestimmter Pas de deux, oder besser gesagt ein Pas de trois zwischen der Hauptfigur, der Kamera und der Montage.
[…] Der Film atmet Menschlichkeit, vor der Kamera ebenso wie dahinter.
Text: Ruth Baettig

Der Film Heldin, der auf der diesjährigen Berlinale seine Weltpremiere feierte, ist mehr als ein cineastisches Werk – er ist ein kraftvolles politisches Statement mit filmischen Mitteln der engagierten Regisseurin Petra Volpe. Mit grosser Finesse entfaltet sich die Geschichte der Pflegefachfrau Floria, die von der beeindruckenden Schauspielerin Leonie Benesch mit nuancenreicher Intensität verkörpert wird. Ob sie zufällig den Namen Flor(i)a bekommen hat? Auf jeden Fall wirkt Floria wie eine Blume in der Hektik des Spitalalltags, wo es schlecht um die Personalbesetzung steht – doch auch Blumen haben ihre Endlichkeit.
Volpe gelingt es, die Herausforderungen und Widersprüche des Berufs nicht nur zu zeigen, sondern spürbar zu machen. Die Kamera von Judith Kaufmann fängt in einer tänzerischen Choreografie die Bewegungen, Gesten und feinen Nuancen des Alltags der Protagonistin ein, hintendrein gesellt sich der Editor Hansjörg Weissbrich gekonnt dazu und gibt dem Ganzen das Geflecht. Es ist ein visuelles Wechselspiel zwischen Handgriffen, Körpersprache und Blickkontakten, ein fein abgestimmter Pas de deux, oder besser gesagt ein Pas de trois zwischen der Hauptfigur, der Kamera und der Montage. Diese präzise Bildsprache verleiht dem Film eine ungeheure Tiefe und schafft eine emotionale Nähe, die das Publikum unmittelbar in die Welt der Protagonistin und ihrer Alltagsmühen hineinzieht.
Vielleicht haben mich diese Details besonders berührt, weil sie Erinnerungen an eigene Erfahrungen in diesem Kontext weckten. Doch gerade darin liegt die Kraft des Films: Er erlaubt es dem Publikum, sich in den gezeigten Momenten selbst wiederzufinden, berührt und bewegt zu werden – und das nicht durch platte Dramatik, sondern durch subtile, fein durchkomponierte Wendungen, die stets das Menschliche in den Mittelpunkt stellen. Man spürt, dass hier mit grosser Sensibilität und Empathie gearbeitet wurde. Der Film atmet Menschlichkeit, vor der Kamera ebenso wie dahinter.
Heldin spricht aus tiefstem Herzen zu all jenen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Werte unsere Gesellschaft definieren sollten. Er fordert nicht aufdringlich zum Umdenken auf, sondern lädt ein, neue Perspektiven einzunehmen und die oft unsichtbare, aber essenzielle Arbeit von Pflegekräften in einem neuen Licht zu sehen – und richtig zu bewerten. Gerade in unserer heutigen Zeit setzt Petra Volpe damit ein wichtiges Zeichen. Sie zeigt eindrucksvoll, wie man mit filmischen und künstlerischen Mitteln nicht einfach nur eine Botschaft transportiert, sondern wie man Menschen mit gekonnter Filmkunst bewegt – und das nicht durch laute Worte, sondern durch kraftvoll konstruierte Bilder, die eine Dokumentation gar überholen und eine erzählerische Tiefe erreichen, die nachhallt.
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Screenings in Swiss cinema theatres
Info
Heldin | Film | Petra Volpe | CH-DE 2025 | 92’ | Berlinale 2025 | CH-Distribution: Filmcoopi
First published: March 21, 2025